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Für eine Berichterstattung über Klimawissenschaft statt Klimaleugnung

Für eine Berichterstattung über Klimawissenschaft statt Klimaleugnung

Stellungnahme der S4F Saarland:

Lothar Warscheid schreibt in seinem Kommentar vom 09.08.2023 in der Saarbrücker Zeitung „Warum viele Klimaexperten nicht ernst genommen werden können“. Hierzu nehmen die S4F Saarland Stellung.

Bereits mit dem ersten Satz „beim Klimawandel gibt es immer noch zwei Seiten“ reproduziert der Artikel den Diskurs der Klimawandel-Leugner-Szene, bis hin zu der Tatsache, dass mit John Francis Clauser ein prominentes Mitglied eben dieser Szene als scheinbar neutraler Wissenschaftler zu Wort kommt. Herr Clauser ist Vorstandsmitglied der rechtskonservativen „CO2-Coalition“, die gegründet wurde, um Klimaschutz zu verhindern. Er bestreitet öffentlich die Klimakrise und behauptet sogar die steigende CO2-Konzentration komme der Welt zugute. Positionen, die faktisch falsch sind.

Der Klimawandel gilt wissenschaftlich als bewiesen. Das bestätigt der Weltklimarat IPCC, der sich aus tausenden Klimaforschenden aus aller Welt zusammensetzt und als Institution der Vereinten Nationen seit 1990 in regelmäßigen Abständen Berichte zu dem Thema herausbringt. Es gibt hier also gerade nicht „zwei Seiten“, die gleichermaßen im Recht sind: eine, die den Klimawandel bestreitet und eine, die ihn behauptet. Hier wäre Herr Warscheid gut beraten bei den Fakten zu bleiben, die er auch – und zwar zu Recht – von der Wissenschaft verlangt. Wissenschaftler:innen, die sich fachfremd äußern (wie der zitierte Herr Clauser), tun dies unter dem Mantel der Meinungsfreiheit. Insofern sollten Medien gegebenenfalls die großen Forschungsorganisationen um Hilfe bitten, wenn sie wissenschaftliche Stellungnahmen erhalten möchten.

Aber auch in der Wissenschaft gibt es verschiedene Positionen, z.B. dazu wie Klimaschutz umgesetzt werden kann. Die eigenen Prämissen transparent zu machen, gehört zu den Qualitätsstandards wissenschaftlichen Arbeitens und ist für seriöse Wissenschaftler:innen selbstverständlich. In der fachlichen Auseinandersetzung mit anderen Positionen wird die eigene Forschung weiterentwickelt.

In Deutschland ist der normative Rahmen von Wissenschaft teilweise durch das Grundgesetz vorgegeben. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz klargestellt, dass auch die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen geschützt werden müssen und Emissionslasten nicht unbegrenzt in die Zukunft verlagert werden dürfen.

Maßnahmen zur Klimaanpassung reichen hier eben nicht aus – anders als Herr Warscheid suggeriert. Klimaforschung hat daher auch das Ziel, die Lebensgrundlagen zu erhalten. Dabei sind komplexe Wechselwirkungen in Ökosystemen, z.B. im Hinblick auf Biodiversität zu berücksichtigen. Einfache Lösungen gibt es in der Regel nicht (z.B. einfach hitzeresistente Pflanzen anzubauen).

Leider finden Forschungsarbeiten, die dieser Komplexität gerecht werden in den Medien nur selten angemessenen Raum. Hier bedarf es der beiderseitigen Verbesserung im Hinblick auf Wissenschaftskommunikation. Dass jedoch Medien häufig Sensationsberichterstattung produzieren und apokalyptische Bilder zeichnen, wie Herr Warscheid kritisiert, kann nicht der Wissenschaft angelastet werden.